G 5.23 Computer-Viren

Computer-Viren gehören zu den Programmen mit Schadensfunktionen. Als Schaden ist hier insbesondere der Verlust oder die Verfälschung von Daten oder Programmen sicherlich von größter Tragweite. Solche Funktionen von Programmen können sowohl unbeabsichtigt als auch bewußt gesteuert auftreten.

Die Definition eines Computer-Virus bezieht sich nicht unmittelbar auf eine möglicherweise programmierte Schadensfunktion:


Ein Computer-Virus ist eine nicht selbständige Programmroutine, die sich selbst reproduziert und dadurch vom Anwender nicht kontrollierbare Manipulationen in Systembereichen, an anderen Programmen oder deren Umgebung vornimmt. (Zusätzlich können programmierte Schadensfunktionen des Virus vorhanden sein.)


Die Eigenschaft der Reproduktion führte in Analogie zum biologischen Vorbild zu der Bezeichnung "Virus". Die Möglichkeiten der Manipulation sind sehr vielfältig. Besonders häufig sind das Überschreiben oder das Anlagern des Virus-Codes an andere Programme und Bereiche des Betriebssystems.

Computer-Viren können im Prinzip bei allen Betriebssystemen auftreten. Die größte Bedrohung ist jedoch im Bereich der IBM-kompatiblen Personalcomputer (PC) vorhanden. Bei den hier am meisten verbreiteten Betriebssystemen (MS-DOS, PC-DOS, DR DOS, NOVELL DOS etc.) werden derzeit weltweit rund 20.000 Viren (einschließlich Varianten) gezählt.

Spezielle Computer-Viren für die Betriebssysteme Windows 3.x, Windows NT, Windows 95, OS/2 und Unix spielen in der Praxis eine untergeordnete Rolle. Bei PC-typischer Hardware können jedoch die Festplatten dieser Rechner von DOS-Boot-Viren infiziert werden, wenn die Boot-Reihenfolge zuerst ein Booten von Diskette vorsieht.

Für Apple-Computer sind ca. 100 spezielle Computer-Viren bekannt, für die es auch entsprechende Suchprogramme gibt.

Arten von Computer-Viren

Es werden drei Grundtypen von Computer-Viren unterschieden:

- Boot-Viren
- Datei-Viren
- Makro-Viren

Es sind auch Misch- und Sonderformen dieser drei Typen bekannt. Weitere Unterteilungsmerkmale sind die Tarnmechanismen, mit denen die Viren oft gegen die Erkennung durch Benutzer und Suchprogramme geschützt sind.

Boot-Viren

Als "Booten" bezeichnet man das Laden des Betriebssystems. Hierbei werden u. a. Programmteile ausgeführt, die zwar eigenständig sind, sich aber in sonst nicht zugänglichen und im Inhaltsverzeichnis der Disketten und Festplatten nicht sichtbaren Sektoren befinden. Boot-Viren überschreiben diese mit ihrem Programm. Der originale Inhalt wird an eine andere Stelle auf dem Datenträger verlagert und dann beim Start des Computers anschließend an den Virus-Code ausgeführt. Dadurch startet der Computer scheinbar wie gewohnt. Der Boot-Virus gelangt jedoch bereits vor dem Laden des Betriebssystems in den Arbeitsspeicher des Computers und verbleibt dort während der gesamten Betriebszeit. Er kann deshalb den Boot-Sektor jeder nicht schreibgeschützten Diskette infizieren, die während des Rechnerbetriebs benutzt wird. Boot-Viren können sich nur durch Booten oder einen Bootversuch mit einer infizierten Diskette auf andere Computer übertragen.

Datei-Viren

Die meisten Datei-Viren (auch File-Viren genannt) lagern sich an Programmdateien an. Dies geschieht jedoch so, daß beim Aufruf auch hier der Virus-Code zuerst ausgeführt wird und erst anschließend das originale Programm. Dadurch läuft das Programm anschließend scheinbar wie gewohnt und der Virus wird nicht so schnell entdeckt. Es sind jedoch auch primitivere, überschreibende Viren bekannt, die sich so an den Anfang des Wirtsprogramms setzen, so daß dieses nicht mehr fehlerfrei läuft. Datei-Viren verbreiten sich durch Aufruf eines infizierten Programms.

Bei den Mischformen von Boot- und Datei-Viren haben sogenannte multipartite Viren eine größere Bedeutung erlangt. Sie können sich sowohl durch Aufruf eines infizierten Programms als auch durch Booten (oder einen Boot-Versuch) von einer infizierten Diskette verbreiten.

Makro-Viren

Auch Makro-Viren sind in Dateien enthalten, diese infizieren jedoch nicht die Anwendungsprogramme, sondern die damit erzeugten Dateien. Betroffen sind alle Anwendungsprogramme, bei denen in die erzeugten Dateien nicht nur einzelne Steuerzeichen, sondern auch Programme und andere Objekte eingebettet werden können. Davon sind insbesondere Microsoft Word- und Excel-Dateien betroffen. Bei diesen steht eine leistungsfähige Programmiersprache für Makros zur Verfügung, die auch von weniger geschulten Benutzern leicht zur Programmierung von Viren mißbraucht werden kann (siehe auch G 5.43 Makro-Viren).

Makros sind Programme, mit deren Hilfe das Anwenderprogramm um zusätzliche Funktionen erweitert werden kann, die auf den Anwendungsfall zugeschnitten sind (z. B. Erzeugen einer Reinschrift aus dem Entwurf eines Textes). Diese Makros laufen erst mit dem jeweiligen Anwendungsprogramm (Winword, Excel etc.) bei der Bearbeitung des Dokuments ab, indem der Benutzer das Makro aktiviert oder das Makro automatisch gestartet wird. Wird z. B. eine Word-Datei über einen WWW-Browser empfangen, der das Dokument automatisch mit Microsoft Word öffnet, kann hierdurch ein enthaltenes Makro aktiviert werden. Da Datendateien auch häufiger als herkömmliche Programmdateien über Datenträger und vernetzte IT-Systeme verteilt werden, ist die Gefährdung durch Makro-Viren inzwischen größer als durch Boot- und Datei-Viren.

Beispiele für Schadensfunktionen von Computer-Viren


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